— Der Inventing Room!

Archive
Tag "bücher"

Die­se gan­zen jetzt neu kom­men­den Soci­al Net­works und Apps pro­bie­re ich eigent­lich gar nicht mehr aus. Zu vie­le neue Strö­me, die dann auch noch beach­tet wer­den müs­sen. Sicher gibt’s dann auch wie­der Tools dafür und hier und da macht irgend etwas Ping, damit ich irgend­wel­che Aktio­nen nicht ver­pas­se, aber eigent­lich reicht’s mir gera­de so.

Wo ich mich aller­dings neu­lich doch ange­mel­det habe, ist good­reads — ein Soci­al Net­work für Men­schen und ihre Bücher­re­ga­le. Ist jetzt also nicht viel anders als das, was auch Ama­zon mir emp­feh­len kann — ich gebe ein, was ich bis­her so gele­sen habe und gera­de lese und fin­de dann raus, was es noch so gibt. Kann dazu schau­en, was mei­ne Freund_innen so lesen und das alles. Macht auch Spaß, da es nicht viel Auf­merk­sam­keit erfor­dert — ich lese halt in der Regel nicht so vie­le Bücher, dass ich mit der Aktua­li­sie­rung mei­nes Pro­fils nicht hin­ter­her käme.

Bestimmt gibt’s auch Mög­lich­kei­ten, den Büch­er­fort­schritt über e-Book-Platt­for­men da ganz auto­ma­gisch hin­ein zu lie­fern, so wie last.fm es für Musik macht.

 

Dann hab ich dar­über nach­ge­dacht, dass es so etwas wie good­reads eigent­lich auch für Com­pu­ter­spie­le geben soll­te. So unter­schied­lich sind die Medi­en ja nicht, Bücher, Fil­me und Spie­le. Tra­di­tio­nell sind es phy­si­sche Objek­te, frü­her hat man sie sich in den Schrank gestellt. Man kon­su­miert sie meis­tens ein­mal von vor­ne bis hin­ten. Eini­ge ver­wahrt man und schaut immer wie­der rein, ande­re wer­den ein­mal gelesen/geschaut/gespielt und dann ver­ges­sen oder wei­ter­ge­ge­ben.

(Ganz so ähn­lich sind die Medi­en sich ja dann doch nicht. Vie­le Casu­al Games sind weni­ger Buch, statt­des­sen eher Song: Man kann sie in kur­zen Häpp­chen immer mal wie­der spie­len. Und man­che sind auch Hob­by oder Trai­ning und wer­den fort­lau­fend oder regel­mä­ßig aus­ge­übt. Das darf man bei den fol­gen­den Aus­füh­run­gen nicht ver­ges­sen.)

Inso­fern könn­te man mit der good­reads-Ser­ver­soft­ware ja eigent­lich auch genau so eine Emp­feh­lungs- und Bewer­tungs­platt­form für Com­pu­ter­spie­le machen. Die Daten­bank wäre nicht sehr viel anders. Also hab ich natür­lich auch erst mal getes­tet, ob auf good­reads auch Spie­le exis­tie­ren. Nein, nur Bücher.

Dann halt Goog­le benut­zen: soci­al net­work for games. good­reads for com­pu­ter games.

Da gibt es wohl Rap­tr, was eher ein Chat­sys­tem für Gamer ist, außer­dem gamerD­NA; eine Web­site, die mit der gesam­ten Häss­lich­keit von Com­pu­ter­spiel-Umfeld-Web­sites daher kommt und sich offen­bar (auch) an Gil­den und Clans rich­tet, also an Zusam­men­schlüs­se von Spieler_innen in Mul­ti­play­er-Com­pu­ter­spie­len. Was good­reads noch am nächs­ten kommt, ist Play­fire.

 

Play­fire schreckt erst ein­mal ab. Auf der Start­sei­te zwei jun­ge wei­ße Typen, die Play­sta­ti­on spie­len. Das ist also die Ziel­grup­pe. Auch erfährt man hier nicht, dass man sehr wohl auch will­kom­men ist, wenn man nicht am PC oder aktu­el­len Kon­so­len spielt — zur Anmel­dung soll man näm­lich erst mal ankli­cken, wel­che Platt­form (PC, XBox360, PS3, Wii) man zum Spie­len nutzt.

Wür­de good­reads so auf sei­ne (poten­ti­el­len) Nut­ze­rin­nen zuge­hen? Zwei Nerds und dane­ben ein Feld „Mach mit! Was liest du, Fan­ta­sy oder Sci­ence Fic­tion?“ — da wür­de man ja nicht davon aus­ge­hen, dass das Netz­werk sich an alle Leser_innen rich­tet und natür­lich alle Bücher in der Daten­bank hat, die per ISBN so fin­den kann.

Na gut. Wenn man sich bei Play­fire einen Account anlegt und ab sofort ein­ge­loggt ist, muss man sich die Jungs nicht mehr anschau­en. Im Pro­fil gibt man dann an, unter wel­chen Namen man in den gro­ßen Game-Diens­ten zu fin­den ist (Steam, PSN, XBLA). Was man spielt und wie weit man gekom­men ist, wird von dort auto­ma­tisch impor­tiert. Außer­dem kann man manu­ell noch Spie­le ein­ge­ben, die man gespielt hat und die an kei­nen Dienst ange­schlos­sen sind  oder schlicht her­aus­ka­men, bevor es so etwas gab. Hier tau­chen tat­säch­lich sehr vie­le Spie­le auf allen Platt­for­men und aus allen Jahr­zehn­ten auf.

 

Das ist also ähn­lich wie bei good­reads. Bis hier. Denn Play­fire legt viel Wert auf Achie­ve­ments, also die inzwi­schen in sehr vie­len Com­pu­ter­spie­len vor­han­de­nen Beloh­nungs­sys­te­me: Im Spiel ver­teilt bekommt man immer wie­der Fleiß­kärt­chen für die eine oder ande­re Auf­ga­be. Um alle Achie­ve­ments zu erhal­ten, also die ange­se­he­nen 100% zu errei­chen, muss man sich schon sehr anstren­gen, weil die schwie­rigs­ten Tro­phä­en oft nur durch Trai­ning und Zeit­ein­satz zu errei­chen sind.

Wie einem das Spiel gefal­len hat oder wel­che ähn­li­chen Spie­le es gibt oder welche_r Spieledesigner_in für ande­re Spie­le ver­ant­wort­lich zeich­net, die einem ja viel­leicht auch zusa­gen wür­den — das gibt es alles bei Play­fire nicht. Was zählt ist die Gami­fi­ca­ti­on des Gamens: Wer mei­ner „Fri­ends“ ist wie weit in wel­chem Spiel? (Das muss man sich bei Büchern mal vor­stel­len.)

Sehr trau­rig wird es, wenn man auf ein Spiel klickt, das man manu­ell ein­ge­tra­gen hat. Da ist dann näm­lich schon Sack­gas­se. Mehr als eine Lis­te „Die­se Spie­le habe ich übri­gens mal gespielt“ ist (bis­her) nicht drin. Und ich kann mir online anschau­en, wel­che Steam-Achie­ve­ments ich habe (was ich auch über Steam kann) und wel­che PS3-Achie­ve­ments ich habe (was ich auch an mei­ner Play­sta­ti­on kann).

 

Mög­li­cher­wei­se ver­glei­che ich auch Äpfel und Bir­nen (wobei das Obst nicht die Medi­en Buch und Spiel sein sol­len, son­dern die Soci­al Net­works good­reads und Play­fire) — aber ich fin­de es bemer­kens­wert, wie deut­lich unter­schied­lich hier zwei Diens­te aus­se­hen, die gar nicht so unter­schied­lich sein müss­ten.

Die Aus­ein­an­der­set­zung mit einem Medi­um scheint in die­ser Form nur mit den Mit­teln des Medi­ums selbst denk­bar sein: Über Bücher wird gespro­chen und geschrie­ben. Spie­le wer­den spie­le­risch ver­gli­chen, indem die Konsument_innen auf einer höhe­ren Ebe­ne gegen­ein­an­der antre­ten. Komisch eigent­lich, dass da die jewei­li­ge Geschich­te und Wahr­neh­mung des Medi­ums eine so star­ke kul­tu­rel­le Über­for­mung des Rezep­ti­ons­raums ver­ur­sacht.

Wenn ich mir da mehr Annä­he­rung wün­schen wür­de (sowohl all­ge­mein in der Betrach­tung Buch vs. Spiel als auch in den zwei ange­schau­ten Net­works), dann hät­te ich natür­lich lie­ber, dass die­se Buch­kul­tur sich auch in einem Online­sys­tem nie­der­schlägt, in dem Spie­le das The­ma sind. (Umge­kehrt ist es ja eher doof. Achie­ve­ments fürs Lesen? Boom, ers­tes Kapi­tel. Yeah, lite­ra­ri­sche Anspie­lung auf Sei­te 37 kapiert!)

Also: Mit Leu­ten über Spie­le reden. Schau­en, was jemand, der auch BioS­hock und Deus Ex gespielt hat, noch so mag und vor allem war­um. Spie­le nicht nur nach ihrem Betriebs­sys­tem sor­tie­ren, son­dern auch nach ihren Deve­lo­pern, und dadurch Kon­ti­nui­tä­ten in Per­so­nen und Stu­di­os ein­fa­cher erken­nen kön­nen. (Auch wenn im Medi­um Spiel Autor_innen gibt, tau­chen die­se im Ver­gleich zur Lite­ra­tur kaum auf.)

Über­haupt: Das Medi­um mehr mit den aus der Lite­ra­tur (und Bühne/Film) bekann­ten Rezep­ti­ons­werk­zeu­gen anfas­sen. Denn das pas­siert bis­her nir­gends. Es gibt für sich ste­hen­de sta­ti­sche Rezen­sio­nen. Es gibt die Web­sites der Spie­le­her­stel­ler, die immer nur nutz­lo­se Online­bro­schü­ren sind. Es gibt die Wiki­pe­dia-Ein­trä­ge zu Spie­len, oft der ein­zi­ge Ort, wo so etwas wie eine kul­tu­rel­le Ein­ord­nung statt­fin­det. Es gibt Games-Daten­ban­ken wie Moby Games, die lan­ge vor Soci­al Net­works ent­stan­den sind und bei denen die Inter­ak­ti­on auf dem Level „Online-Forum“ ste­hen geblie­ben ist.

Bis­her wer­den Spie­le trotz aller Bemü­hun­gen ihrer Apo­lo­ge­ten, sie als eben­bür­ti­ge Kul­tur­er­zeug­nis­se gewür­digt zu sehen, dann doch immer noch eher als Pro­dukt behan­delt denn als Werk. Scha­de eigent­lich.

Mei­ne Pro­fi­le: good­reads, Play­fire.

Read More