Musik 2012
Julian hat mich auf die Idee gebracht, dass ich ja mal etwas über Musik bloggen könnte. Ich hab echt wenig gehört dieses Jahr, wenige neue Sachen — trotz Diensten wie Simfy und Spotify. Viele Erkenntnisse 2012 stammen daher wohl aus Monaten, in denen ich zufällig mal eine intro gelesen habe. In der Reihenfolge, wie sie mir eingefallen sind:
Mittekill — All but bored, weak and old
Ach, Mittekill. Ach, Friedrich. Mein Liebling. Ein ganz tolles Album. 13 Songs, die alle so unterschiedlich sind, als wäre es ein Mixtape mit 13 Bands. Englisch, Deutsch, Geschrammel, großer Pop und Techno. Songs über Abschiede, das Leben in Berlin, Existenzängste und groben Unfug. Und live mit Band so laut und hervorragend wie lange nicht. Lieblingsalbum 2012.
Stabil Elite — Douze Pouze
The sound of Düsseldorf, kann man nicht anders sagen. Stabil Elite sind halb Fehlfarben, halb Kraftwerk. (Diese Formulierungen hört man oft, aber diesmal stimmt es wirklich!) Hallo 1980. Nachkriegsbeton. (In „Milchstraße“ singen sie „Metall auf Beton“ und die Akkorde sind die von „Metropolis“.) Extrem super. Ich stelle mir vor, dass die Musiker privat unangenehme Schnösel sind, aber ihre Synthesizer hätte ich sehr gern für mich selbst. Super produziert, als ob sie es für Vinyl gemischt hätten, irgendwie. Die Höhen und so.
Im selben Rutsch kann man sich eigentlich auch noch das neue Fehlfarben-Album, Xenophonie, anhören. Geht gut.
The Kings of Dubrock — Fettucini
Rica Blunck, Viktor Marek und Jacques Palminger. Ich weiß gar nicht, was ich dazu schreiben kann. Es ist wirklich Dub, es ist unglaublich unsinnig (manchmal wünsche ich mir, Palminger würde weniger labern) und es macht unglaublich viel Spaß. Dieser Bass! Diese langsamen Beats! Die Idee, MDMA zu „magst du mich auch?“ zu backronymisieren! Das bringt gerade in diesem Matschwetter den Sommer zurück.
The 2 Bears — Be Strong
Bestes Nebenprojekt von Hot Chip, der besten Band aus England momentan. Würde es so etwas wie intelligentes Vorglühen an einem Samstag Abend geben, The 2 Bears wäre mein Soundtrack. Housepop. Bass, Streicher, Gesang. Die wunderbar blöde Single „Bear Hug“ hat diesen herrlich stumpfen 2step-Beat und bringt mich zum Lachen und zum Tanzen. Und die zwei Herren sind knuddelige dicke Bartträger, Bären eben. Love.
Hot Chip — In Our Heads
Bewährt guter englischer Nerd-Tanzkram. Ich glaube nicht, dass In Our Heads mein Lieblingsalbum von Hot Chip wird, aber es hat alle Zutaten. Haben dieselben Moogs wie Stabil Elite, machen darauf aber ganz andere, sehr warme Musik. Eines der wenigen Live-Konzerte, die ich dieses Jahr besucht habe. Ich wäre gern diese Band.
Pet Shop Boys — Elysium
Ich bin noch nicht damit versöhnt, ich muss es noch etwa 100 Mal hören. Die Pet Shop Boys haben ja so ein paar musikalische Grundparameter, in denen sie sich bewegen. Sie achten offenbar darauf, dass jedes Album innerhalb dieser Parameter sich so sehr vom Vorgängeralbum unterscheidet wie möglich. Nach dem Hören von „Elysium“ gefiel mir „Yes“ von 2009 dann auf einmal. Bei Elysium dauert es noch. Was ich nicht verzeihe, ist die Albumsingle „Winner“, einer der schlechtesten Songs der Herren überhaupt, ironischerweise mit 3 sehr guten B-Seiten. Sie spielen Silvester beim ZDF am Brandenburger Tor. Na ja.
Brockdorff Klang Labor — Die Fälschung der Welt
Das Elektropoptrio aus Leipzig. Ich hatte BKL schon fast vergessen, da nach dem Debütalbum 2007 nie wieder was gekommen war — manchmal verschwinden Bands ja auch wieder. Ich stehe total auf den Zusammenklang der beiden Gesangsstimmen. Die Musik ist hin und wieder etwas eintönig, das ist aber genau der Trademarksound der Band: Synthesizerpresets, hier und da quillt ein bisschen Darkwave hervor. Dafür gibt’s schlaue Texte über Guy Debord, das Ende der DDR und die Flüchtlingspolitik der EU.
Bernadette La Hengst — Integrier mich, Baby
Darauf hat mich erst ihdl gebracht. Ich kannte die Künstlerin namentlich, hatte ihre Musik aber für wesentlich spröder (a la Christiane Rösinger) gehalten (no offense). Aber nein, Bernadette La Hengst macht extrem witzige Popmusik. Tanzbar, ironisch, schlau. Feminismus, Körper, Politik, Körperpolitik, Liebe im Kapitalismus.
Kid Kopphausen — I
Erst durch den Tod von Nils Koppruch in meine Wahrnehmung gerückt, sehr sehr schade. Liedermacher-Gitarren-Wildwest-Männerkram. Für Abende am Feuer und im Sattel. Hätte gern noch mit Kid Kopphausen rumgesessen.
First Aid Kit — The Lion’s Roar
Zwei schwedische Schwesten (Klara und Johanna Söderberg) sind voll jung und machen wunderbar überproduzierten Folk. Wenn sie in ihren Videos durch die Felder laufen, weiß man nicht, ob das gerade Südschweden oder der Mittlere Westen ist. Genau so klingen First Aid Kit auch. Funktioniert für mich vor allem als Album, nicht unbedingt als Einzeltitel. Kann Spuren von Pathos enthalten. Dankenswerterweise über eine Besprechung im Missy Magazine gefunden.
The Brandt Brauer Frick Ensemble — Mr. Machine
Elektronische Jazz-/Technomusik auf klassischen Instrumenten. Klick Plock Ding. Brandt Brauer Frick. Worauf sich solche Musik bezieht, hab ich mal an der Uni gelernt und wieder vergessen. Intellektueller als die unfassbar guten Die Vögel. Läuft vermutlich auf Vernissagen ganz schlimmer Künstler_innen.
Ich hab mal aus den Alben dieser Bands, Künstlerinnen und Künstler (und weiteren Songs) ein 2012-Mixtape zusammengebaut. Könnt ihr gern hier anhören oder bei Spotify abonnieren.
Der Rest
- Beste Single vielleicht: Santigold — Disparate Youth.
- Beste Coverversion: My Heart Your Heart — Love will tear us apart.
- Eigentlich beste Coverversion: Bonnie „Prince“ Billy — I See A Darkness.
- Bestes Video: Solomun — Kackvogel.
- Beste Österreicher: Julian und der Fux. Speckbrot. Altes Ego.
- Verdiente Anerkennung 2012: Laing — Morgens immer müde.
- Bondigster Bondsong: Adele — Skyfall.
- Bester Ohrwurm: Tangerine Kitty — Dumb ways to die.
- Machen hoffentlich bald mal vernünftig weiter: Jeans Team — Menschen (sind zum Träumen da).
- Am meisten Bauchschmerzen: Die Antwoort, da unfassbar gute Beats und kreative Videos, aber mit homophoben und rassistischen Momenten. 🙁
- Erkenntnis des Jahres: John Williams und Jerry Goldsmith haben alles von Gustav Holst geklaut.
- Beachten Sie bitte auch alles, was Entertainment for the braindead macht und umsonst verschenkt.
- Tanzen Sie zu Alle Farben.
- Respektieren Sie die Fleischdolls.
- Hören Sie die wunderbar verspulte Musik aus der weltbesten Cartoonserie Adventure Time.
- Gerade erst (endlich) entdeckt und noch nicht eingewirkt: Dillon, Boy
- Schönstes Konzert 2012: Phantom/Ghost
- Versucht, aber bei mir gescheitert: Bat for Lashes. Vom neuen Album von Cat Power ebenfalls unbeeindruckt.
- Was bald kommt: Die Neue von Tocotronic.
Äh, aber Bonnie Prince Billy ist schon das Original davon. Oder ist das ‚coverversion‘ ironisch gemeint?
Ich bin mir sicher, mit Coverversion ist diese neue Version von ihm gemeint. Ganz famos.
Ja, ich meinte die neue Version. Allerdings wusste ich auch nicht, dass das Lied von ihm selbst ist. 😀