Unterwegs
Neulich schrieb ich ins Internet, ich würde durch mein häufiges Bahnfahren langsam zum IC-Fan. Nicht nur, dass man einige Euro spart (bei acht bis zehn Fahrten im Monat summiert sich auch das), ich mag diese Züge in 80er-Jahre-Pastellfarben irgendwie.
Gerade sitze ich auch in einem Abteil, das Mint-Flieder-Nikotin-farben eingerichtet ist und finde es sehr gemütlich. Es hat etwas von dieser Bahnfahrromantik, die beim ICE verloren gegangen ist; der fühlt sich eher an wie ein Flugzeug auf Schienen.
Ich mag diese klassischen Zugfenster, deren obere Hälfte man nach unten schieben kann und die eigenen Regler für Heizung und Lautstärke der Durchsagen. Ich mag auch diese Schiebegardinen, die oft genug aber auch einfach schon verloren gegangen sind, und das alte DB-Logo, das im Spiegel über jedem Sitz eingeätzt ist.
Natürlich ist es lauter hier, die Schiebefenster sind nicht vollständig dicht und oft braucht man mit einem IC länger ans Ziel. Auf meinen Stammstrecken von Hannover nach Berlin und Hamburg fällt das aber kaum ins Gewicht. Die paar Minuten Fahrtverlängerung macht der Zug, in dem mir die Zeit angenehmer vergeht, wieder wett.
Oh weh, sagte das Internet: Da gibt es ja gar kein Internet an Bord. Und auch keine Steckdosen. Ich sage: Mir doch egal. Für die maximal zwei Stunden, die ich hier sitze, brauche ich keinen zusätzlichen Strom. So lange halten es Laptop und Handy auch mit ihren Akkus aus.
Und Internet? Bis vor kurzem hatte man in den ICE-2-Zügen von Berlin aus eh kein Internet, ich habe es also nie vermisst. Vor einigen Jahren habe ich mich sogar noch darüber gewundert, wenn andere Leute, die viel Nord-Süd fahren, von den Problemen mit dem Wlan im Zug berichteten. Es gibt Internet bei der Bahn?
Oft habe ich meine Geräte nicht mal an. Ich schaue jeden Werktag acht Stunden auf einen Monitor, davor und danach auch. Ich brauche diese 200 Minuten in der Woche nicht unbedingt einen Bildschirm. Manchmal schon — wenn ich gerade etwas im Kopf habe, das ich aufschreiben möchte, so wie jetzt gerade. Aber dafür reicht, wie gesagt, das Offline-sein und der Laptopakku.
Die Beschleunigung, die Reise sorgt bei mir nämlich meistens für eine Entschleunigung. Hier kann ich über das vergangene Wochenende oder die vergangene Woche sinnieren oder mir eine Verschnaufpause gönnen, bevor der Arbeits- oder Freizeitstress wieder beginnt. Dabei mal nicht die ganze Welt in einem Gerät zur Verfügung zu haben, ist extrem entspannend.
Eigentlich fahre ich ja Bahn, um irgendwo hin zu kommen. Dass ich aber gleichzeitig nicht nur geografisch, sondern auch gedanklich von Dingen Abstand nehme, gehört für mich zu den besten Momenten meiner Wochen. Und irgendwie geht das im gemütlich menschlichen IC besser als im effektiv arbeitsamen ICE.
Überall Spiegel in den Waggons. Und der Bistrowagen ist einfach toll.